Wenn die Finanzaufsicht über ein Kreditinstitut ein Moratorium verhängen muss, ist das oft der Schlusspunkt einer längeren Entwicklung. Üblicherweise haben die Aufseher zuvor versucht, mit weniger einschneidenden Eingriffen auszukommen und der Geschäftsleitung die Möglichkeit gegeben, Wege aus der Unternehmensmisere zu finden. Wenn dem Institut allerdings Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung drohen, dann zieht die Finanzaufsicht die Reißleine.
Was sich unter dem Begriff Moratorium eingebürgert hat, ist ein Paket von Maßnahmen, die das Kreditwesengesetz (KWG) „bei Gefahr“, im Speziellen „bei Insolvenzgefahr“, vorsieht. Droht diese, so kann die BaFin dem Institut etwa verbieten, Zahlungen zu leisten – also beispielsweise Einlagen oder zugesagte Kredite auszuzahlen – oder Vermögensgegenstände zu veräußern. Außerdem kann die Aufsicht dafür sorgen, dass die Bank keine Zahlungen mehr entgegennimmt – es sei denn, diese sind zur Tilgung von Schulden ihr gegenüber bestimmt (§ 46a Abs. 1 KWG).
Pflichten der Kunden bestehen weiter
Das Moratorium ändert indes nichts an den Verpflichtungen, welche die Kunden gegenüber ihrer in Not geratenen Bank haben. So müssen sie Kredite weiter wie gewohnt bedienen, auch ohne Aufforderung. Haben Kunden der Bank Vermögenswerte als Kreditsicherheiten übereignet, so können diese erst freigegeben werden, wenn der damit besicherte Kredit abgelöst worden ist. Auch wenn es bei manch einen Kunden hart ankommt: Ausnahmen vom oben beschriebenen Veräußerungs- und Zahlungsverbot sieht das Gesetz nur vor, wenn es darum geht, das Institut selbst zu verwalten – also etwa die Gehälter der Bankmitarbeiter zu bezahlen, Strom- und Telefonrechnung der Bank zu begleichen. Dass das KWG in diesem Punkt rigoros ist, hat seinen Grund: Das Moratorium soll die Vermögenswerte, welche die Kunden ihrer Bank anvertraut haben, schützen und dafür sorgen, dass die Gläubiger des strauchelnden Instituts im Entschädigungsfall gleichmäßig befriedigt werden. Wenn eine Bank in Schwierigkeiten gerät, soll nicht der Startschuss gefallen sein für ein Gläubiger-Wettrennen, bei dem der Schnellere abräumt und der Langsamere leer ausgeht.
Zugriff auf Schließfächer und Depots
Der Sieger des Wettlaufs zum Bankschalter stünde ohnehin vor verschlossenen Türen. Neben dem Veräußerungs- und Zahlungsverbot und dem Verbot, Zahlungen entgegen zu nehmen, ordnet die BaFin regelmäßig an, dass das Bankgebäude für den Kundenverkehr geschlossen wird. Auch Mieter von Schließfächern stehen damit zunächst vor praktischen Problemen. Ihnen kann aber geholfen werden: Dem Schließfachmieter steht nämlich im Falle der Insolvenz seines Instituts ein so genanntes Aussonderungsrecht an den Gegenständen in seinem Safe zu. Es besteht also nicht die Gefahr, dass andere Gläubiger benachteiligt werden, wenn die Bank dem Kunden die Gegenstände aus seinem Safe herausgibt. Das unter Moratorium stehende Institut kann darum bei der BaFin beantragen, die Schließfächer für seine Kunden öffnen zu dürfen. Dem wird die Aufsicht auch in der Regel entsprechen.
Ähnliches gilt für Wertpapierdepots von Kunden: Die Wertpapiere stehen im Eigentum des Kunden, die Bank hat nur die Verwahrung übernommen. In dieser Konstellation droht den Interessen der anderen Gläubiger keine Gefahr, wenn die Bank die Papiere an den Eigentümer herausgibt. Wenn ein Kunde möchte, dass sein Depot auf eine andere Bank übertragen wird, kann darum auch ein mit Verfügungsverbot belegtes Institut diesem Wunsch entsprechen. Die Übertragung des Kundendepots ist und bleibt jedoch eine Verfügung und es gilt, dass jede Verfügung des unter Moratorium stehenden Bankhauses der Zustimmung der BaFin bedarf.
Moratorium – und dann?
Zweck eines Moratoriums ist, das Institut soweit zu stabilisieren, dass es seinen Betrieb wieder aufnehmen kann. Gleichwohl kommt es nach einem Moratorium oftmals zur anschließenden Insolvenz des Instituts, wobei die BaFin ein „Insolvenzantragsmonopol“ hat. Was heißt das für die Kunden, vor allem für die Einleger? Wenn ein Moratorium länger als sechs Wochen dauert, stellt die BaFin den Entschädigungsfall fest. Den Entschädigungsfall kann die Aufsicht allerdings auch schon früher feststellen, wenn sich herausstellt, dass das Institut Einlagen nicht mehr zurückzahlen oder Schulden aus dem Wertpapiergeschäft nicht mehr begleichen kann. Das heißt, die jeweils zuständigen Einlagensicherungen nehmen sich dann des Falles an. In Deutschland gibt es zum einen die gesetzliche Einlagensicherung, der sich jedes private Kreditinstitut oder Wertpapierhandelsunternehmen anschließen muss. Davon ausgenommen sind nur etwa die öffentlich-rechtlichen Sparkassen und Genossenschaftsbanken, weil sie speziellen, institutssichernden Einrichtungen angehören. Neben der gesetzlichen Einlagensicherung gibt es in Deutschland die darüber hinausgehende, freiwillige Einlagensicherung der Bankenverbände, wie die Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken e.V oder des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands e.V.
Quelle:BaFin